Die Synthie-Pop-Band And One spielt morgen in Berlin. Und übermorgen. Warum zwei Termine? Die Herren veranstalten „eine Tour wie es sie SO noch nicht gab“, in dem sie am Freitag nur vor Frauen, am Samstag nur vor Männern spielen. Das klingt schon nicht besonders fortschrittlich, wird doch bsw. für Menschen die sich jenseits der bipolaren Geschlechterwelt sehen nicht aufgespielt, aber die Details sind wirklich atemberaubend sexistisch.
In der Konzertankündigung wird von einem „ultimative[n] Kampf zwischen Mann und Frau“ gefaselt, der „[s]eit Anbeginn der Menschheit tobt“. Aber „And One [begraben] dieses alte Kriegsbeil“ mit dieser Tour. Und zwar dürfen sich Männer und Frauen an diesem Abend nicht nur ganz unter Menschen des gleichen Geschlechts aufhalten, sondern bekommen sogar ein überkommenen Rollenbildern angepasstes Programm zu hören: Während die „Traumfrauen“, also Angehörige des „schönen Geschlechts“, sich am Freitag bei „musikalischen Streicheleinheiten“ von „And One[s] softe[r] Seite“ langweilen dürfen, spielt die Band am Samstag nur vor „wahre[n] Krieger[n]“, die ein „knallharte[s] Electrobrett“ vertragen.
Frauen interessieren sich also dafür, wie „Liebe [klingt]“, und „ECHTE Männer“ wollen richtig auf die Glocke. Sogar bei der Wahl der Vorband (F.O.D. für Frauen, Lost Area für Männer) wurde entsprechend seltsamer Geschlechterrollen ausgewählt. Kaum nötig zu erwähnen, dass ich mich zu beiden Konzerten nicht wirklich eingeladen fühle. Besonders bedrückend finde ich, dass And One (bisher) als Band mit politischem Anspruch auftrat und sich gerne bsw. in Greenpeace-Nähe sah.
Links
Aktualisierung
Die beiden Links funktionieren nicht mehr, ich habe mal eine der beiden gleichen Seiten aus dem Googlecache gefischt und bei mir gespeichert: https://blog.adrianheine.de/wp-content/uploads/2009/01/andone.png
Das Interessante ist ja, dass sich das auch direkt in die Szene durchschlägt. Wenn ich mir die Fans von And One anschaue, die alle Nase lang mal auftauchen, dann sind die Männer auch richtige Krieger Männer. Die Stilisierung von Männlichkeit funktioniert an der Stelle ziemlich gut.
Was Frauen angeht kenne ich einige, die sich dieses Traumfrauen/Mädchen-Bild überstülpen lassen, aber es gibt gerade im EBM-Feld – oder in der Cyberecke – viele Frauen, die sich von Kleidung und Habitus an der EBM-Männlichkeit orientieren. Es scheint da doch kleine Freiräume zu geben…
Die Frage die ich mir stelle ist halt, wie mehr Freiräume freigeräumt werden können. Weil mit Diskussionen bin ich bisher gescheitert.