In Berlin geht es wieder voran: Der Autobahn-Stadtring soll im Osten erweitert werden.
Planungen
Ab 2011 wird zwischen Grenzallee und S-Bahnhof Treptower Park entlang des S-Bahnrings gebaut. Darüberhinaus plant der Senat, den Ring ab 2017 ab Treptower Park über S-Bahnhof Ostkreuz zur Frankfurter Allee zu verlängern.
Dem Streckenabschnitt bis Treptower Park fallen 300 Kleingärten und vier Wohnhäuser zum Opfer. Die Strecke führt direkt am Einkaufszentrum „Parkcenter“ und dem Kino „Cinemaxx Treptower Park“ vorbei. Dort sorgt bereits die achtspurige Elsenstraße für eine autofreundliche Atmosphäre. Am S-Bahnhof Treptower Park muss eine Ausgabestelle für Abgasplaketten des TÜV, ein Gartencenter und die Grünfläche mit Imbissen vor dem S-Bahnhof weichen. Der 3,2 Kilometer lange Abschnitt soll 442,8 Millionen Euro kosten und wäre damit das teuerste Stück Autobahn in Deutschland.
Für die Verlängerung bis Frankfurter Allee muss das denkmalgeschützte Gebäude der Osthafendirektion an der Spree abgerissen werden. Auch die Elsenbrücke wird der Autobahn teilweise weichen müssen; Sie wird seit einem Jahr für 3,9 Millionen Euro saniert. Im weiteren Verlauf führt die Autobahn direkt hinter einigen Wohnhäusern entlang, bevor sie auf das „Friedrichshainer Infrastrukturprojekt in Selbstverwaltung“ und Gewerbegebäude stößt. Danach soll die Autobahn vor der S-Bahn-Trasse am Ostkreuz in einem zweistöckigen Tunnel verschwinden und knapp einen Kilometer unter der Neuen Bahnhofsstraße verlaufen. Für den Tunnel muss die Neue Bahnhofsstraße komplett aufgerissen werden.
Damit haben die Verkehrspolitiker von PDS und SPD Pläne ausgegraben, die selbst dem CDU-Senat jahrelang nicht interessant genug erschienen, um umgesetzt zu werden. Begründet wird die Maßnahme mit einer angeblichen Entlastung der Innenstadt durch eine Reduzierung des Autoverkehrs „um zwölf Prozent“. Die bereits jetzt schon häufig überlastete Elsenstraße soll einen Verkehrszuwachs von zehn Prozent verkraften.
Und sonst so?
Zu etwas völlig anderem: In Berlin sitzen Menschen im Gefängnis, weil sie mit der BVG gefahren sind. Ihr einziges Vergehen bestand darin, keinen Fahrausweis vorzuzeigen und auch die Bußgelder nicht zu bezahlen. Am 15. Dezember 2008 saßen allein 162 Menschen ausschließlich wegen Schwarzfahrens in Berliner Gefängnissen. Die BVG nimmt unter 500 Millionen Euro im Jahr durch Fahrkarten ein.
Ich würde mich sehr über Statistiken zur Anzahl der Tagessätze in solchen Fällen, Gerichtskosten für diese Fälle, Personalkosten der BVG für Kontrolleure, Kosten der BVG für die Fahrscheinautomaten und den Druck der Fahrscheine freuen. Ein Tag in einem Berliner Gefängnis kostet jedenfalls über 80 Euro.
Die „Bürgerinitiative Stadtring Süd“ und der „BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ versuchen übrigens, uns diese Autobahn vom Leib zu halten.
Links
- Peter Neumann: „Sechsspurige Autobahn bis Friedrichshain“ mit Karte der geplanten Autobahn
- Sandra Dassler: „Jeder Dritte in Plötzensee sitzt wegen Schwarzfahrens“
- Die Bürgerinitiative Stadtring Süd
Interessante Verbindung: es würde weniger kosten, Schwarzfahrer nicht einsitzen zu lassen als Autobahnen zu bauen.
Es gab mal eine Studie, in der nachgewiesen wurde, dass _bis zu einer gewissen Gemeindegröße_ (!) die Einkünfte aus Fahrkartenverkauf lediglich dazu dienen, diesen zu finanzieren: Fahrkartendruck, Aufstellung und Wartung der Automaten, Personalkosten für die Kontrolleure usw.
Am Thema Mobilität lassen sich so einige systemische Absurditäten aufdecken …
Autobesitzer fördern ist schon eine tolle Sache. Speziell in hochverdichteten Gebieten mit Wohnbebauung. Schließe mich @rehe an und fordere ‚Weg mit systematischen Absurditäten‘ :)
Ich finde das Bild der Sonntagsstraße sehr passend – um zu zeigen, daß genau da drunter mal 100.000 Autos am Tag langdüsen…
(Und vier Wohnhäuser klingt schön gerechnet. Wenn man Seitenflügel und Hinterhäuser mitzählt, käme man auf 17)