Am 20. März 2009 – ich weiß, schon etwas her – spielte mit Coppelius eine meiner Lieblingsgruppen in Berlin. Im Palais in der Kulturbrauerei sollten neben der Standardbesetzung die Gäste Eric Fish und Frau Schmidt von Subway to Sally sowie B.Deutung von The Inchtabokatables auftreten. Sehr spontan wurde ich vom Coppelianischen Presseministerium als Fotograf für die Wikipedia akkreditiert und konnte daher versuchen, die beeindruckende Aufführung einzufangen. Obwohl es mein erster Versuch als Konzertfotograph war bin ich mit den Ergebnissen recht zufrieden.
Coppelius und das Album „Tumult“
Coppelius ist eine Berliner Band, die seit 2002 aktiv ist. Die sechs Mitglieder spielen neben Iron-Maiden-Coversongs mittlerweile hauptsächlich eigene Stücke auf Klarinette, Kontrabass, Cello und Schlagzeug. Ich lernte Coppelius 2005 als Subway-to-Sally-Vorband kennen und habe sie seitdem knapp zehn Mal in Berlin, Potsdam und Dresden gesehen.
Im Frühjahr erschien „Tumult“, das zweite Album der Band nach dem 2007er „Time-Zeit“. Unter den 15 Songs ist mit „Charlotte the Harlot“ ein Iron-Maiden-Cover vertreten, der mit Cello-Akkorden, Klarinetten-Soli und Gesang von Max Coppella als typisch für Coppelius‘ Stil der Iron-Maiden-Interpretation gelten kann. „Rightful King“, im Original von The Inchtabokatables bzw. Catriona, wurde mit B.Deutung und Eric Fish aufgenommen, die bereits vor 20 Jahren an der Entstehung der Ursprungsversion beteiligt waren. Das letzte englischsprachige Stück das Albums, „Coppelia“, bezieht sich wie viele andere Stücke der Band auf E. T. A Hoffmanns Erzählung „Der Sandmann“ sowie das Ballett „Coppélia“. Der Text erzählt aus der Perspektive eines Puppenmachers vom Missbrauch einer weiblichen Puppe – mir fällt es recht leicht, verschiedene, aktuelle Aussagen aus ihm zu lesen; wieviel davon intendiert ist, wissen nur die Künstler.
Unter den deutschsprachigen Stücken – normalerweise meine Favoriten – sind einige hervorhebenswert. Da wäre das mit Video versehene „Habgier“, dem ich deutliche Rammstein- und Die-Apokalyptischen-Reiter-Einflüsse zuspreche. Ebenfalls das Fehlen von Reichtümern behandelt „Zu Dir“, in dem ein mittelloser Edelmann seine Angebetete an einen Reicheren verliert, der daraufhin von dem Verschmähten überfallen wird. Nach der Verhaftung flieht der Erzähler gewaltsam aus dem Kerker. Der Refrain – „Verflucht sei all das Gold! Ungerechte Welt! Was wird nun mit mir? Ich will nur zu Dir!“ – betont die Liebe als Antrieb für die Handlungen des Protagonisten.
„Komposition“ ist ein selbstironisches Plagiat des Stücks „Operation“ vom Debütalbum. Musikalisch nahezu identisch beschreibt es einen Musikstudenten, der einem Freund eine Komposition stiehlt und damit erfolgreich wird. An den Aufnahmen hat Frau Schmidt von Subway to Sally mitgewirkt. „Schöne Augen“ wurde schon seit längerem auf Konzerten gespielt und bezieht sich sehr deutlich auf „Der Sandmann“. Ebenfalls schon von Konzerten bekannt ist „Das Amulett“, ein sehr ruhiges, trauriges Stück, das Oberflächlichkeit und Verlogenheit kritisiert. Wieder einmal um Neid geht es in „Lilienthal“, in dem der gleichnamige Flug-Pionier vom Erzähler sabotiert wird und abstürzt. „Die Glocke“, wiederum eher ruhig, bezieht sich auf Fontanes „Geschwisterliebe“. Die weiteren Stücke des Albums – „Der Advokat“, „Mondeslicht“, „Viel zu viel“, „Spring doch!“ und „Gedicht“ – finde ich nicht besonders erwähnenswert.
Das Konzert
Das Konzert im gut gefüllten Palais begann mit The Villains – melancholischer, langsamer, deutschsprachiger Rock. Bei dem Stück „Wieso sitzen sie da“ half wieder einmal Eric Fish aus. Dem Publikum gefiel es, mir war es vor Coppelius deutlich zu ruhig.
Denn die Hauptband des Abends begann wie gewohnt mit Volldampf und ließ so bald auch keine Ruhe aufkommen. Max Coppella und Comte Caspar lieferten sich Klarinetten-Duelle – letzterer stürzte sich dafür auch öfter in das Publikum –, der Butler Bastille motivierte Publikum und Musiker mit Getränken und Brezeln. Als sich B.Deutung und Frau Schmidt für einige Stücke („Habgier“, „Komposition“, „Rightful King“, wenn ich mich recht erinnere) zu den Bandmitgliedern drängten wurde es auf der kleinen und niedrigen Bühne ziemlich voll; schließlich gesellte sich auch noch Eric Fish für „Rightful King“ zu der (vor allem altersmäßig) bunt gemischten Gruppe.
Bis auf „Mondeslicht“, „Gedicht“ und „Viel zu viel“ spielte die Band alle Stücke von „Tumult“, aber auch ältere wie „I Get Used to It“ und „Morgenstimmung“. Insgesamt handelte es sich im Palais um eines der besten Coppelius-Konzerte die ich je gesehen habe; die Stücke vom neuen Album funktionieren gut, die Stimmung war super, die Gäste passten. Das Fotografieren hat mir viel Spaß gemacht, auch wenn ich meine eigenen Grenzen und die meiner Technik deutlich vor Augen geführt bekommen habe. Noch ein paar Fotos:
Links
- „Coppelius“ in Wikipedia, die freie Enzyklopädie