Die Piratenpartei und das Urheberrecht

Zur Zeit kursieren im Internet zwei neue Werbefilmchen für die Piratenpartei: „Klarmachen zum Ändern“ von Christopher Grabinski und ein nicht weiter bezeichneter Film des Youtube-Benutzers Summoning66. Beide sind meiner Meinung nach nicht schlecht, haben jedoch eklatante Probleme: Sie sind Urheberrechtsverletzungen.

Der Film von Summoning66 ist schnell abgehandelt: Die verwendeten Filmausschnitte sind ebenso wie die Hintergrundmusik urheberrechtlich geschützt. Eine Lizensierung kann angesichts der Werke (Musik aus „Fluch der Karibik“ und Filmausschnitte aus diversen Fernsehsendungen) ausgeschlossen werden. Komplizierter wird es bei „Klarmachen zum Ändern“. Das Bildmaterial scheint ausschließlich von Christopher Grabinski zu stammen, der Sprecher René Dawn-Claude hat Grabinski realistischerweise ein umfangreiches Nutzungsrecht eingeräumt, vielleicht sogar ein vollumfängliches ohne jede Einschränkung. Die Musik jedoch ist das Stück „Expialidocious“ des australischen Musikers „Pogo“. Schon das Stück selbst ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Urheberrechtsverletzung, da Samples aus „Mary Poppins“ verwendet werden, die selbstverständlich noch urheberrechtlich geschützt sind. Vor allem aber ist das Stück nicht unter einer Lizenz erhältlich, die eine Weiterverbreitung, geschweige denn eine Weiterverwendung, erlaubt. Der Umstand, dass das Werk bei MySpace heruntergeladen werden kann, ist als konkludente Erlaubnis zum Kopieren zu verstehen – das Recht zur Verbreitung kann daraus nicht abgeleitet werden.

Die Lizenz, unter der Grabinski sein Werk vertreibt, ist jedoch nicht nur wertlos, sondern noch nicht mal eine freie Lizenz. Denn „Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland“ beschränkt die Freiheit der Nutzer eines entsprechend lizensierten Werks (siehe Erik Möllers „The Case for Free Use: Reasons Not to Use a Creative Commons -NC License“). Summoning66 macht es sich noch einfacher und gibt das Werk erst gar nicht unter einer Lizenz frei.

Ich danke den beiden und praktisch allen Kommentatoren zum Thema für eine praktische Bestätigung meiner These zum urheberrechtsfreien Raum Internet („Selbstverständlich ist das Medium Internet ein Medium des Kopierens, und niemand dort schert sich um Urheberrechte. Auch klassische Medien nicht, auch Bildagenturen nicht, und erst recht keine Blogger. Die einzigen Leute dort, die sich mit Urheberrechten beschäftigen, sind die Freie-Kultur-Dogmatiker, die es versuchen abzuschaffen“, so zu lesen in „Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – Münkler, Fefe, Beckedahl“). Weiterer Dank geht an @dridde für die Hinweise zur Musik bei „Klarmachen zum Ändern“.

15 Antworten auf „Die Piratenpartei und das Urheberrecht“

  1. Stimmt, habe dazu auch etwas auf der Piratenspot geschrieben. Die Spots sind wirklich genial, aber leider ist das Problem mit den Urheberrecht(was ja schliesslich noch gilt!) ein Problem, was dazu führen könnte das die Sender ganz einfach nicht ausstrahlen.
    Also lieber(auch wenn es schade ist und der Song wirklich sehr gut ist!) einen anderen genauso guten Song der unter CC steht. :)

  2. Alleine dieser Vorgang zeigt schon wieder das hier dringend handlungsbedarf besteht. Wegen einem Musikstück das asbach-uralt ist und bereits die 2te Generation fast überlebt kommt dieser gut gemachte Spot in Probleme, schade und in dem Fall ein gutes Beispiel für die Hemmnis die das Urheberrecht verursachen kann.

    my2cents

  3. Bei der NC-Lizenz könnte man noch einwenden, dass Grabinski durch Einreichen des Spots bei piratenspot.de der Partei ein umfassendes Nutzungsrecht einräumt. Das steht ihm neben der CC-Lizenz ja zu, CC ist ja bewusst keine exklusive Lizenz. Das würde allerdings voraussetzen, dass die Piratenpartei irgendwas zur Lizenz in den Teilnahmebedingungen sagt. Und da wird es tatsächlich peinlich:

    Die Teilnehmer erklären sich mit Einsendung ihres Clips dazu bereit, ihren Clip wahlweise unter Creative Commons Lizenz zu stellen.

    Das ist also die Rechteeinräumung. Noch nichtmal differenziert, welche CC-Variante.

    Das Problem, dass Grabinski wohl die Rechte an der Musik nicht eingeholt hat, bzw. Pogo kaum die Poppins-Samples lizensiert hat, bleibt zusätzlich bestehen.

    Insofern hast du Recht, der Umgang ist ziemlich erschreckend. Da gibt es nun schon das vielgelobte, kreativenfreundliche Tool der Creative Commons und die, die sich für ein realistisches aber nicht anarchistisches Urheberrecht einsetzen, nutzen es nicht.

  4. Hallo.

    Also eines vorweg: NATÜRLICH habe ich mich zu erst mit Pogo in Verbindung gesetzt, bevor ich den Song eingebaut habe.

    Ich weiß auch nicht, ob Pogo dass explizit irgendwo erwähnt, aber im Nachrichtenaustausch sagte er mir, dass seine Werke Public Domain sind und deswegen von jedem runtergeladen und benutzt werden dürfen. Das schließt seinen Aussagen zu Folge die „Verbreitung“ wie du es nennst nicht aus.

    Damit wir hier aber etwas konkreter werden: Er hat mir erlaubt seinen Song zu nutzen. Dafür sollte ich ihn als Künstler nennen, was ich gemacht habe.

    Die Frage der Mary Poppins Samples wiederrum ist eine Berechtigte und ein mir nicht unbekannter Einwand. Laut Pogo ist es erlaubt den Song zu nutzen, so lange die Nutzung nicht kommerziell ist (Er fällt unter „fair use“). Eine Nachfrage bei den Piraten brachte mir die Antwort ein, dass Parteienwerbung nicht kommerziell sei. Auch wenn man sich da wegen der Rechtslage auch nicht hundertprozentig sicher war. Deswegen bin ich auf die NC Lizenz ausgewichen.

    Ich bin persönlich der Meinung, dass Pogos Werke eigenständige Songs sind und dass man höchstens noch an der Art wie man da Credit gibt ansetzen müsste. Meine Meinung ist allerdings tatsächlich unerheblich, wenn gegen Gesetze verstoßen wird.

    In diesem Fall wäre es sicherlich interessant, wenn solch ein Fall mal in die Öffentlichkeit kommt und darüber diskutiert wird, ob solche Remixwerke nun eine Urheberrechtsverletzung darstellen oder nicht. Offen gesagt möchte ich aber auch gerne darauf verzichten an mir ein Exzempel statuieren zu lassen, da ich mir das im Falle eines unglücklichen Ausgangs für mich sicherlich nicht wirklich leisten könnte.

    Die Frage steht dann allerdings immer noch im Raum: Ist Parteienwerbung kommerziell? Wie sieht die Rechtslage in Deutschland genau aus? Gilt das was Pogo mir gesagt hat überhaupt in Deutschland (Fair Use, Public Domain…)

    Ich habe den Spot erstmal so eingereicht, weil er so nunmal meinen Vorstellungen entspricht. Über die Problematik habe ich die Piratenpartei ja bereits im Vorfeld aufgeklärt und wenn sie mir sagen, dass der Spot so nicht gesendet werden kann/darf, dann muss ich das leider ändern.

    Wenn jemand genaueres weiß, freue ich mich über eine eMail oder eine Antwort auf diesen Kommentar.

    1. Vielen Dank für deine ausführliche Stellungnahme, die einiges verständlicher macht. Falls der Eindruck erweckt wurde, dass ich dir sorglosen Umgang mit Lizenzen vorwerfe, möchte ich mich entschuldigen – du scheinst dir wirklich Mühe gegeben zu haben.

      Ich schreibe mal etwas zu deinen (indirekt gestellten) Fragen, möchte mich aber auch nicht als definitive Instanz dazu verstanden sehen.

      Pogo hat recht damit, dass eine Freigabe als Public Domain dir selbstverständlich auch das Recht zur freien Weitergabe gibt. Du hättest (urheberrechtlich gesehen) sogar nicht mal seinen Namen nennen müssen. Der Transparenz halber wäre es aber nett, wenn Pogo das auch irgendwo öffentlich machen würde; wenn das passiert sein sollte wäre ich für einen Link dankbar. Ich glaube dir die Aussage aber so auch erstmal.

      Ob die Samples unter „Fair use“ fallen weiß ich nicht. Ich weiß jedoch, dass es dieses Konzept in Deutschland grundsätzlich nicht gibt. Dein Film muss als klar auf Deutschland orientiertes Werk mit der Rechtslage in der BRD konform sein. Da Mary Poppins auch in Deutschland urheberrechtlich geschützt ist, brauchst du also auch eine Freigabe dieser Samples; auf „Fair use“ kannst du dich nicht beziehen. Übrigens ein schönes Beispiel für etwas, was wir im „Bundesnetz“ (Einem den deutschen Gesetzen entsprechenden Internet, bzw. einer durch Zugangssperren um illegale Inhalte gefilterten Version) nicht mehr hätten – Fair-use-Werke. Wie die englische Wikipedia.

      „Fair use“ limitiert übrigens nicht auf nicht-kommerzielle Nutzung; ganz im Gegenteil ist das Werben für ein Werk einer der wesentlichen Gründe für „Fair use“. Unabhängig davon kann ich mir nicht vorstellen, dass das Ausstrahlen eines Werbespots als nichtkommerziell gelten kann. Und wie die Sharealike-Klausel sich mit einer ARD-Sendung verträgt ist auch eine interessante Frage.

    2. Fair use ist angloamerikanisches Recht und dazu kommt noch eins: es ist nur sehr eingeschränkt anwendbar. Ich kanns anhand von Musik nicht ordentlich erklären, aber bei einem Bild als Beispiel: Foto von Mary Poppins darf nur in direktem Zusammenhang mit einem Text über Mary Poppins verwendet werden, nicht mit etwas themenfremden (also Piraten). So nett die Musik auch ist, ihr (oder eig. Pogo) müsstet die Samples entfernen, danach ist nur noch ein Übereinkommen mit dem Künstler notwendig, und falls er bei der australischen Version der GEMA registriert ist (was er nach deinem Statement wohl nicht ist), dann dürftet ihr euch noch mit der rumschlagen.

      1. Hier übrigens noch ein Ausschnitt aus dem BGH

        http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&pm_nummer=0214/08

        „Nach § 24 Abs. 1 UrhG darf ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden. Danach kann auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tonfolge einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen ist. Eine freie Benutzung ist allerdings in zwei Fällen von vornherein ausgeschlossen: Ist derjenige, der die auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge für eigene Zwecke verwenden möchte, befähigt und befugt, diese selbst einzuspielen, gibt es für eine Übernahme der unternehmerischen Leistung des Tonträgerherstellers keine Rechtfertigung. Eine freie Benutzung kommt ferner nicht in Betracht, wenn es sich bei der erkennbar dem benutzten Tonträger entnommenen und dem neuen Werk zugrunde gelegten Tonfolge um eine Melodie handelt (§ 24 Abs. 2 UrhG).“

        1. Ich würde mal sagen, die Diskussion hier wird nicht so viel bringen. Da bräuchte es einen Experten für Musikrecht, der dann auch beurteilen kann, ob und wie eigenständig Pogos Musik ist. Keiner von uns kann das wirklich beurteilen, sondern nur vermuten, und auf der Grundlage lässt sich kein Beschluss fassen. Das sind dann nur Wünsche.

    1. GEMA möglicherweise ja.
      Die Fernsehsender zahlen ja wohl (pauschal) GEMA Gebühren. Also muss das ganze ja eigentlich nur (wie alles andere auch) bei der GEMA angegeben werden und der Rest interessiert nur die GEMA.

    2. Hm, an GEMA hab ich noch gar nicht gedacht. Machen die auch Filmsamples? In jedem Fall würde das jeder anderen Verbreitung im Wege stehen, weder Vimeo noch die Piratenpartei werden groß GEMA-Gebühren zahlen wollen, oder? Was ich eigentlich sagen will: Die Lizenz ist damit hinfällig.

    3. Interessant.

      Meines Wissens muss man ja zwischen Urheberrecht und Verwertungsrecht unterscheiden. Vom Inhaber des Urheberrechtes muss die Erlaubnis zur Verarbeitung in einem eigenen Werk eingeholt werden. Das Verwertungsrecht braucht man zur Verbreitung, viele Musiker lassen es von der GEMA verwalten. Und viele Fernsehsender zahlen dafür eine Pauschale.

      Wenn Pogo der Verwendung im Piratenspot zugestimmt hat, ist der Urheber schonmal einverstanden. Und in der GEMA ist er auch nicht, Verwertungsrechte kann er also ebenfalls selbst vergeben.

      Soweit ich das verstehe, müsste aber Pogo wohl nach deutschem Recht die Zustimmung vom Mary-Poppins-Urheber für die Samples haben. Wenn er die hat, wäre interessant, ob die Verwertung auch in dieser gesampleten Form noch bei der GEMA anzumelden ist. Denn die Verwertungsrechte für den Mary Poppins-Kram werden von denen verwaltet. Eine Fernsehausstrahlung ginge dann aufgrund der Pauschale in Ordnung, nur Online müsste dann extra angemeldet (und gezählt, haha) werden.

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