Eleanor Saitta beschreibt im Gespräch mit Spreeblick, wie unterschiedlich Überwachung wirkt und führt diese Unterschiede auf bestehende Machtverhältnisse zurück. „Eleanor Saitta bei Spreeblick“ weiterlesen
Deutschland
Wismar, 27. Juni 2010, 16:00. Der Leiter der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern begrüßt die Konzertgäste im Hinblick auf das zeitgleich stattfindende Spiel der deutschen Erwachsenenmännerfußballnationalmannschaft mit den Worten „Schön, dass sie patriotisch handeln, ohne vor der Glotze zu hängen“. Selber Ort, zwei Stunden später: Ein jugendlicher Thor-Steinar-Träger mit Deutschlandfahne in der Hand wankt, an einen Kameraden gelehnt, halb gestützt, halb sich hochziehend. Neben ihm rasen Fahrzeuge vorbei, aus denen junge Männer und nationalfarbenbedruckte Textilien heraushängen, beides gleichsam mit Bier getränkt. Wer und was es nicht mehr auf die Straße schafft, ziert die Fenster der kleinen, liebevoll sanierten Fachwerkhäuser. Gegenüber erbricht sich ein Nationalfarbenkranzträger auf ein Auto mit polnischem Kennzeichen. Die Welt zu Gast bei Freunden. Knöpfe runter. Ein blondes Mädchen mit Fahnenumhang trägt das nationale Hochgefühl auf den Bahnhof. Der Zug hält in Bad Kleinen. In Hamburg wirft sich Eine_r vor den Zug. mensch oder schwein, am ende tot. Bis dahin gerechter Volkszorn: Der Zug ist verspätet, gar kein echter ICE, die Klimaanlage kaputt, 100er werden nicht gewechselt. Und überhaupt, diese ständigen Verspätungen. Wir müssen vorwärtskommen.
Berlin, 27. Juni 2010, 22:00. Ich habe Angst, mit meinen Aufklebern, mit meinem Rock, mit meinem Nagellack, mit meiner Barfüßigkeit. Die S-Bahn wird zum Tunnel, Wände aus blöden Sprüchen, Blicken, Deutschlandfahnen, Schwarz-Rot-Scheiße. Tunnelblick. Mein Kreuzberg ist nicht mehr, stattdessen alles und jede_r – schwarz, weiß, punk, alki – ein ›Wir‹, um ja nicht ›die Anderen‹ zu sein. Ich bin prädestiniert zum ›Wir‹-Sein und trotzdem ›die Anderen‹, weil ich nicht ›Wir‹ sein will, sein kann. Andere haben keine Wahl.
Berlin, 26. Juni 2010, 2:50. Männer beleidigen und schlagen eine Transfrau.
Berlin, 26. Juni 2010, 23:00. Vier Schwule werden unabhängig voneinander von einer Vierergruppe angegriffen.
Berlin, 27. Juni 2010, 17:15. Ein »Afrikaner« wird von zwei Männern aus der U-Bahn ins Krankenhaus getreten.
Berlin, 28. Juni 2010, 3:00. Zwei Israelis werden von zwei Männern angegriffen.
This is Germany hier.
Der neutrale Staat
An Staaten wird häufig der Anspruch gestellt, neutral zu sein. Ob es um die steuerrechtliche Gleichstellung verschiedener Formen des Zusammenlebens, die ungleiche Unterstützung verschiedener Glaubensgemeinschaften oder eine Geschlechtsquotierung in der Wirtschaft geht – Menschen lehnen Eingriffe von Recht und Staat als ungerecht ab. Dem Ideal der staatlichen Neutralität sollte jedoch nicht immer entsprochen werden. „Der neutrale Staat“ weiterlesen
Datenrechte & Menschenschutz
In der ersten Hälfte des laufenden Jahres 2010 fand eine intensive Auseinandersetzung um Datenschutz, soziale Netze, Privacy und Postprivacy statt. Der folgende Text betrachtet Argumente von Datenschützer_innen im Hinblick auf eine gesamtgesellschaftliche, emanzipatorische Perspektive. „Datenrechte & Menschenschutz“ weiterlesen
PolitCamp2010: Gegen jeden Extremismusbegriff
Heute ist der erste Tag des PolitCamp 2010 im Berliner Radialsystem V. Für die Diskussionsrunde „Politik trifft Web 2.0“ wurde unter anderem Kristina Schröder, die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, eingeladen. Ich halte es für verfehlt, einer solchen Person ein Podium zu bieten, ohne ihre sonstigen politischen Positionen zu kritisieren. Daher habe ich mit Freund_innen unseren Protest gegen Kristina Schröder und den durch sie vertretenen Extremismusbegriff mit einem Transparent im Saal zum Ausdruck gebracht und versucht, ihren Anbiederungsversuchen eine Gegenposition entgegenzustellen. „PolitCamp2010: Gegen jeden Extremismusbegriff“ weiterlesen
Löschen statt Sperren?
Wohl das wichtigste netzpolitische Thema des letzten Jahres war der Kampf gegen Maßnahmen, die den Zugang zu Kinderpornografie verbreitenden Websites verhindern sollten. Ein wesentlicher Kritikpunkt an den geplanten Maßnahmen und dem begleitenden Gesetz waren mangelnde Transparenz des Sperrverfahrens und damit möglicher Missbrauch der Sperrstruktur gegen andere Websites. Gleichzeitig wurde das Löschen der Daten durch den Anbieter der Website als einzige Alternative im Kampf gegen die Verbreitung von Kinderpornografie im Web genannt. „Löschen statt Sperren“ ist jedoch eine politisch schädliche und gefährliche Forderung. „Löschen statt Sperren?“ weiterlesen